Frankfurt am Main / Deutschland
Interreligiöses Zentrum in Frankfurt a. M. - progressiv und gemeinwohlorientiert
BEYOND. Unser Ziel.
Wir wollen in Frankfurt am Main ein Zuhause schaffen für progressive Menschen unterschiedlichen Glaubens, in dem sie ihre jeweiligen religiösen Traditionen pflegen sowie miteinander und voneinander lernen können. Hier wollen wir unsere Unterschiede und Gemeinsamkeiten kennenlernen und feiern.
Wir suchen daher einen Ort in unserer und für unsere Stadtgesellschaft, an dem wir ein solches Leben mit unseren verschiedenen spirituellen Traditionen verwirklichen können. Perspektivisch möchten wir diesen Ort um ein gemeinschaftliches Wohnen erweitern.
Im Herzen Europas setzen wir in Frankfurt am Main ein Zeichen interreligiöser Geschwisterlichkeit. So wollen wir Inspiration sein für andere progressive Projekte in Europa.
Acar, Agnes - Muslima
Agnes Acar, geb. 1958 in Frankfurt, Muslima und Brückenbauerin für verschiedene Kulturen.
Dennebaum, Peter - Christ
Geboren in Mainz 1967, Mainzer Domchor und Abitur am Bischöfliches Willigis-Gymnasium. Prägung durch die katholische Soziallehre, speziell Oswald von Nell-Breuning.
Im Alter von 20 Jahren konvertierte ich vom Katholizismus zum Protestantismus und hatte mein Coming Out als schwuler Mann.
Ich studierte Ev. Theologie in Tübingen, Hamburg und Berlin (1989-1996). Schwerpunkte bereits damals: Interreligiöser Dialog und Wirtschaftsethik. Eugen Drewermann und Hans Küng prägen mich bis heute.
Fortbildung zum Personalreferenten mit Schwerpunkt Personalententwicklung (1997)
Personaler für die Debis Systemhaus GmbH in Leinfelden-Echterdingen, die Debis AG in Berlin sowie die Commerzbank in Frankfurt (1997-2003)
Vikariat in Herborn und Frankfurt a. M. (2003-2006)
Übersiedlung in die USA, Ordination in der bürgerrechtsorientieren United Church of Christ (UCC) und Pfarrer in UCC-Gemeinden in New York und Washington DC (2006-2012). Dann Rückkehr nach Deutschland, um sich dem europäischen Friedensprojekt zu widmen.
2013 - 2021 Pfarrer der EKHN in Giessen sowie Frankfurt und Umgebung.
Seit 2022 Referent für Gemeinwesen, Kirche und Diakonie bei der Stiftung SozDia in Berlin
Seit 2019 Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft „Christ*innen“ bei Bündnis 90 / Die Grünen mit dem Ziel, die interreligiöse Arbeit von progressiv religiösen Menschen unter grünem Dach deutschland- und europaweit zu koordinieren. Für Letzteres gründeten wir Ende 2020 die „European Green Progressive Interfaith Coalition“ (EGPIC)
Seit 2017 Aufbau und Koordinierung von BEYOND. The European Network for Religious Progressives.
Wanske, Carol - Christin
Juristin und Übersetzerin
Geboren und aufgewachsen in der Nähe von Boston, Massachusetts, kam ich 1976 für ein Studienjahr nach Deutschland und kehrte nach dem Abschluss meines Studiums in den USA und meiner Eheschließung im Jahre 1978 zurück. Ich bin seit 2016 deutsche Staatsbürgerin.
Ich hatte das Glück, weltoffene Eltern zu haben, die keine Angst hatten, sich für das einsetzen, was sie für richtig hielten. Auch meine Lehrer und Lehrerinnen ermutigten uns Schüler, über den Tellerrand hinauszuschauen und stereotypische Denkmuster in Frage zu stellen. Als Kind der 1960er und 1970er wurde ich von der Bürgerrechtsbewegung, der Antikriegsbewegung und der Frauenbewegung stark geprägt. Das waren schwierige Zeiten, aber es waren auch Zeiten der Hoffnung auf den Wandel. Obwohl das Fundament für die weitergehende Gleichberechtigung damals gelegt worden ist, haben uns die letzten Jahre gezeigt, dass noch viel mehr Arbeit vor uns liegt. BEYOND. bringt Menschen mit unterschiedlichen religiösen Traditionen und Lebenserfahrungen zusammen und zeigt, dass wir durch viele Gemeinsamkeiten miteinander verbunden sind. Diese Gemeinsamkeiten zu finden und zu entwickeln kann das erreichen, was politische Plattforme und Programme nicht können: wahrhaftiges Verständnis füreinander.
Faust-Kallenberg, Susanna - Christin
Im interreligiösen Dialog in Frankfurt arbeiten zu dürfen, ist für mich ein Privileg, das ich bei jeder spannenden Begegnung genieße. Vielfalt ist in allen Formen ein Geschenk, das man als solches wahrnehmen und lieben lernen muss. Ich lebe seit vielen Jahren in einer interkulturellen Ehe und bin in zwei europäischen Ländern zu Hause, in Deutschland und in Schweden, deshalb weiß ich das aus eigener Erfahrung. In Frankfurt habe ich es mir als Pfarrerin für interreligiösen Dialog der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach zur Aufgabe gemacht, solche positiven Lernprozesse zu fördern. Mit Beyond ist Frankfurt im Kleinen und Europa im Großen ein bisschen bunter und vielfältiger geworden, deshalb bin ich dabei!
Van de Griend, Tim - Christ
Tim van de Griend (*1981) ist Pfarrer zweier evangelisch-reformierter Gemeinden in Frankfurt. Frühere Lebensstationen hatte er in Rotterdam, Kampen (NL), Berlin, Den Haag und Mannheim. Sein Berufs- und Privatleben führt er in weiten Teilen interkonfessionell und interkulturell. Interreligiöse Fragen bewegen ihn seit seinem Theologie- und Philosophiestudium. Das Spannungsverhältnis zwischen Liberalität und religiösen Wahrheitsansprüchen fasziniert ihn. Tim van de Griend ist verheiratet und hat zwei junge Töchter.
Frey-Rabine, Leah - Jüdin
Geboren und aufgewachsen bin ich in Crosby, Minnesota / USA, weitab von jeglichen jüdischen Einrichtungen. Ich bin dankbar, dass meine Eltern zuhause ein wenig Jiddischkeit bewahrten, allerdings in einer Art, die ich als »ethnisch« bezeichnete – Kerzen, Wein und Challah (aus dem weit entfernten St. Paul), und einige wenige Feiertagstraditionen.
Als ich klein war, bekam ich zumindest Einblick in das Leben, das die Familie meines Vaters einst geführt hatte. Zeyde davnete jeden Tag. Zum Taschlich gingen wir mit ihm an den See, und ich erinnere mich, wie er Kiddusch beging und »slach lanu« sang – eine der ersten Melodien, die ich kannte. Jedoch bestand meine jüdische Identität insbesondere darin, dass wir – in diesem multikulturellen Bergbau- Gebiet – keiner der zahlreichen religiösen Gruppierungen angehörten.
Juden, die sich darüber wunderten, warum meine Familie so weit entfernt von anderen Juden wohnen wollte – ein Rätsel, das mich heute noch beschäftigt. Warum blieb die Familie meines Vaters in Crosby, nachdem fast alle anderen Juden weggezogen waren? Warum hat Zeyde seine jüdische Tradition nicht weitervermittelt? Bei den Dingen, die ich beim Ausräumen meines Elternhauses in einem Karton fand, befanden sich unterschiedliche Gebetbücher, ein Hebräisch-Jiddischer Tanach, drei winzige tallitot katanot und fünf Paar Tefillin, je ein Paar in Taschen, bestickt mit den Initialen meines Vaters und denen meines Zeyde. Warum riss der Faden? Was führt mich dazu, ihn zu ergreifen, ihn wieder einzuweben in den jüdischen Bilderteppich und meine eigenen Farben hinzuzufügen? Weshalb habe ich so lange gebraucht, und warum waren die Umwege so weit? Ich fühle mich wie Parsifal!
Ja, Wagner, mein anderes, mein Paralleluniversum: Als Kind träumte ich davon, und als Erwachsene hatte ich das große Glück, als Opernsängerin darin zu weilen. Warum? Hat die tiefere Bedeutung jener archetypischen Figuren eine Saite in mir zum Klingen gebracht? Oder hat der Gesang dazu beigetragen, meine spirituelle Sehnsucht zu stillen?
Als ich 1971 nach Deutschland kam, war das jüdische Leben in diesem Lande dabei, wieder zu erwachen. Mit einem nicht-Jüdischen Ehemann und unserem Theaterleben war es leicht, Distanz zu wahren. Nach den späteren Veränderungen in meinem Leben fiel es mir zunehmend schwer, meine jüdische Seele gleichsam in Schach zu halten. Im Jahr 2001 fand ich zum Egalitären Minjan in Frankfurt. Hier lernte ich Daniel Kempin kennen und schätzen, den Vorbeter des Egalitären Minjan. Er gewährte mir großherzig den Freiraum, den ich für meine ersten Schritte auf meinem neuen Weg benötigte. Wir achten einander, wir lernen oftmals gemeinsam – kurz, uns verbindet seitdem eine kollegiale Zusammenarbeit, eine tiefe Freundschaft, die uns beiden viel gibt.
Als Rabbinerin Elisa Klapheck im Jahr 2004 zu uns kam, ließ sie mich Teile der Gottesdienste leiten und lehrte mich das Lejenen der Thora. Meiner Unwissenheit tief bewusst, arbeitete ich zielstrebig darauf hin, die genau richtigen Worte und Töne zu singen. Langsam reifte in mir die Erkenntnis, dass ich diese Musik nicht nur aufführen wollte. Ich musste mehr in die Tiefe gehen. Rabbinerin Klapheck und Chasan Jalda Rebling ermutigten mich, Aleph (Alliance for Jewish Renewal) kennen zu lernen. Während der unbeschreiblich wunderbaren ersten Woche beim Davvenen‘ Leadership Training Institutekonnten meine Seele und mein Selbst zueinander finden, mein zwiespältiges Ich begann, sich langsam und harmonisch zu formen. Hier befand sich die größte Gruppe von Juden, die ich je in meinem Leben erlebt hatte, und ich gehörte ganz selbstverständlich dazu! Ich lachte nicht mehr ungläubig über den Vorschlag, ich solle Chasan werden. Ich begann zu witzeln, dass ich nun eine Brücke bauen würde zwischen Walhalla und Ohalah (Rabbiner-Kantorenkonferenz für Jewish Renewal). Zwar wagte ich kaum zu glauben, ich wäre imstande, dieses weit entfernte Ziel zu erreichen, jedoch ich erstrebte es mit ganzer Kraft und mit unbeschreiblicher Freude.
Im Januar 2014 ordinierten mich Rabbi Zalman Schachter-Shalomi and Hazzan Jack Kessler zur Chasan. Meine jüdische Seele hat ihren Frieden gefunden. Ich bin tief dankbar.
Lauterwald, Nicole - Christin
Nicole Lauterwald, ev. Christin,
wohnhaft in Frankfurt, verheiratet, drei erwachsene Söhne:
Diplom-Archivarin im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt a. M.
D-Posaunenchorleiterin in der EKHN
Lektorin in der EKHN
Demokratielotsin der Diakonie Hessen
Studentin des ökumenischen Masterstudiengangs "Crossmediale Glaubenskommunikation" an der Ruhr-Universität Bochum
Weitere Informationen über sie finden sich hier
"Die heutige multikulturelle Gesellschaft steht auf der Schwelle zu einem neuen Miteinander der Kulturen und Lebensformen.
Damit dieser Wechsel gut gelingen kann, benötigen wir den progressiven interreligiösen Dialog in Frankfurt am Main und in ganz Europa.
Das gemeinsame Bewusstsein, dass wir Menschen nicht das letzte Wort haben, eint uns bei BEYOND. the European Network for Religious Progressives in unserem Engagement für Frieden und soziale Gerechtigkeit.
Mit meiner Mitgliedschaft bei BEYOND. möchte ich dieses neue religiöse Miteinander leben und unterstützen."
Linguri, Marco - Muslim
Marco Yasin Linguri, geboren 1990 in Frankfurt am Main.
Er ist ein trans-Mann, seit mehreren Jahren queerfeministisch aktiv und hat mehrere Social-Media-Projekte (u.a. einen Blog und einen Podcast). Mit 28 schloss er seinen Magister in Romanistik mit Nebenfach Ethnologie ab. Während seines Studiums machte er eine Ausbildung zum nicht-direktiven Schreibberater. Aktuell ist er in der Endphase seines Zweitstudiums (BA Islamische Studien in Frankfurt a.M.). Seine Imamausbildung am Calem Institute Marseille bei Imam Dr. Ludovic-Mohamed Zahed hat er im August 2022 abgeschlossen.
Seit 2018 ist er Mitglied des Liberal-Islamischen Bundes.
Weitere Informationen über ihn finden sich hier.
Fotograf des Bildes ist Luana Simiele.
Tariq, Waqar - Muslim
Ass. iur. Waqar Tariq
Studium der Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, gefördert von der Friedrich-Ebert-Stiftung (Erstes Juristisches Staatsexamen). Juristischer Vorbereitungsdienst am Landgericht Darmstadt, Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt a. M. (Zweites Juristisches Staatsexamen).
Seit 2016 Koordinator der Gemeinde Frankfurt a.M. des Liberal-Islamischen Bundes (LIB). Seit 2017 Berater des Liberal-Islamischen Bundes.
Interessensschwerpunkte:
Verfassungsrecht im Allgemeinen (insb. Grundrechte und Staatsstrukturprinzipien)
Religionsverfassungsrecht / Staatskirchenrecht im Besonderen
Prozess der Etablierung einer universitären islamischen Theologie
Religionspolitik
Ständiges Mitglied des Dialog Forums Islam Hessen (dfih) der Hessischen Landesregierung (nähere Informationen).
Mitglied des Liberal-Islamischen Bundes bin ich seit Anfang 2015, weil er es mühelos und islamisch-authentisch vermag, Religiosität und Progressivität/Liberalität miteinander zu vereinen. Dabei werden die progressiven/liberalen Positionen sowohl auf der theoretischen Ebene theologisch fundiert begründet als auch in der praktischen Realität konsequent gelebt.
BEYOND. bietet wiederum die Möglichkeit, sich interreligiös mit progressiven Strömungen anderer Religionen zu vernetzen und gemeinsam Spiritualität zu erleben. Wie der Koran betont (siehe u.a. Sure 5:48, 2:62; 5:69), ist die Vielfalt an Religionen von Gott gewollt und eine Bereicherung für die Menschheit.
Religionen können neben ihrem Eigenwert für sich selbst auch eine gesellschaftsstabilisierende und menschenrechtssichernde Funktion einnehmen, wie es z.B. der Staatsrechtler und Rechtsphilosoph Ernst-Wolfgang Böckenförde in seinem nach ihm benannten berühmten Diktum prägnant formulierte.
Gerade die progressiven Strömungen der Religionen können (und müssen) wie andere zivilgesellschaftlichen Akteure für ein Europa eintreten, das für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Sozialstaatlichkeit steht. Diese universellen humanistischen Werte sind heute in Europa in Anbetracht des immer stärker um sich greifenden Rechtspopulismus mehr denn je in Gefahr. Auch die Religionen stehen in der Pflicht, dem Gift des Rechtspopulismus sowie sonstigen Formen der Menschenfeindlichkeit ein Antidot zu bieten und Gegenwehr zu leisten. Der Koran unterstreicht, dass Gott den Menschen als Seinen Statthalter auf Erden („Kalif“, arab. khalīfah) eingesetzt hat. Der Mensch trägt also Verantwortung für diese Welt. Für religiöse Menschen stellt es daher keine Option dar, gleichgültig gegenüber dem Zustand dieser Welt zu sein und bloß im stillen Kämmerlein für sich selbst ihren religiösen Ritualen nachzugehen, während die Welt draußen brennt.
Mit BEYOND. Frankfurt a.M. legen wir den Keim für ein hoffentlich europaweites Netzwerk, das für ein progressives Europa streiten wird.
Veröffentlichungen (Auswahl):
Islam und Menschenrechte – ein Widerspruch?, in: Lamya Kaddor (Hg.), Muslimisch und liberal! Was einen zeitgemäßen Islam ausmacht, München 2020, S. 84 ff.
Kommentierung von Artikel 4 Grundgesetz (Glaubens- und Gewissensfreiheit), in: Adrian Oswalt (Hg.), VerfassungsKlänge – das Grundgesetz vertont, 2019, online hier abrufbar.
Das Islamische Grundgesetz, in: Religion – Weltanschauung – Recht [RWR], 2015, online hier abrufbar.